Mittwoch, 1. Juli 2009

Zum Begriff der „Transformation“

Der lateinische Begriff „Transformation“ bedeutet laut Duden zu deutsch: „Umwandlung“, insofern ist es nicht falsch, wenn aus volkswirtschaftlicher Sicht gesagt wird, dass „beinahe permanent die eine oder andere Art von Transformation in der Ökonomie“ stattfindet: „einzel- oder gesamtwirtschaftlich, strukturell oder regional, verhaltensbedingt oder regelbezogen“ (Horst Gischer u.a., Wandel und Anpassungsverhalten, in: Ders. u.a. (Hgg.), Transformation in der Ökonomie, Wiesbaden 2008, S. 3-8).

Im wissenschaftlichen Mainstream-Sprachgebrauch hat sich der Begriff jedoch bislang vor allem für die Bezeichnung von Systemumwandlungen eingebürgert, wobei er besonders häufig auf die markwirtschaftliche Umwandlung der osteuropäischen sozialistischen Systeme im Prozess ihrer EU-Integration angewandt wird. Seltener wird auch von der wirtschaftlichen Transformation ehemaliger Kolonialstaaten z. B. Indien/Naher Osten gesprochen. Dabei schwingt konzeptionell immer ein Modernisierungsunterton mit, wodurch Transformation im Mainstream-Sprachgebrauch implizit Überwindung wirtschaftlicher Rückständigkeit meint. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass es zum guten Ton gehört, die Stabilisierungsleistung von (den osteuropäischen) Transformationsprozessen infrage zu stellen (Turnock, D., The economy of East Central Europe, 1815-1989. Stages of transformation in a peripheral region, London 2006; Wischermann, C./Nieberding, A., Die institutionelle Revolution, Stuttgart 2004; Kutter, A. (Hg.), Das Erbe des Beitritts. Europäisierung in Mittel- und Osteuropa, Baden-Baden 2006).

Für den Arbeitskreis müsste der Transformationsbegriff eingegrenzt bzw. präzisiert werden. Einerseits in Hinblick auf den Transformationszeitraum: Zu klären ist, ob nur die Umwandlungen des politischen Systems 1945/9 und 1989 als Transformationen in unserem Sinne zu bezeichnen sind oder auch Richtungsänderungen im wirtschaftlichen System wie das NÖS in den 1960er Jahren oder die so genannte neoliberale Neuorientierung in der BR in den 1970/80er Jahren. Andererseits müsste die Untersuchungsgegenstände im Verhältnis von Transformation und Unternehmen geklärt werden. Geht es um die corcorate governance, die gesetzliche Unternehmensverfassung, den Austauch der Manager, Umwandlung der Produktpalette, den Austauch der Marketingmittel, den Austauch der technischen Ziele, den Austauch der Leitbilder, die Gleichzeichtigkeit des Ungleichzeitigen, Persistenz und Wandel etc.? Und: Wie lässt sich das Identifikationsproblem in Bezug auf Unternehmens-Umgründungen etc. bei Systemtransformationen handeln?

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